Die Welt, wie wir sie heute erleben, ist geprägt von Not, Leid, Elend, Armut und Kriegen. Nachrichten von Naturkatastrophen, humanitären Krisen und unzähligen menschlichen Tragödien erreichen uns täglich und oft in einer solchen Fülle, dass sie uns überwältigen. Diese ständige Konfrontation mit Leid kann dazu führen, dass Menschen innerlich abstumpfen. Sie werden gleichgültig, das Mitgefühl schwindet und das Herz verschließt sich. Aber was sagt die Bibel dazu? Ist Abstumpfen angesichts des Leids dieser Welt eine Sünde? Die Schrift gibt uns klare Antworten und leitet uns an, wie wir mit diesen Herausforderungen geistlich umgehen können und sogar müssen.
Die Bibel beschreibt Abstumpfung nicht als eine Schwäche, die wir leichtfertig hinnehmen sollten, sondern als eine ernste geistliche Gefahr. In Matthäus 24,12 spricht Jesus davon, dass in den letzten Tagen die Gesetzlosigkeit überhandnehmen wird und die Liebe in vielen erkalten wird. “Und weil die Missachtung des Gesetzes überhandnehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten.” Dieses Erkalten der Liebe ist ein Zeichen geistlicher Kälte, ein Warnsignal, das uns alarmieren sollte. Wenn die Liebe, die Gott in unsere Herzen gelegt hat, durch Gleichgültigkeit und Abstumpfung ersetzt wird, verlieren wir den Kern dessen, was es bedeutet, ihm nachzufolgen, weil Nachfolge immer gelebte Liebe und tätige Barmherzigkeit einschließt.
“Liebe ist das Markenzeichen der Nachfolger Christi, und wenn sie schwindet, entfernt sich unser Herz von Gottes Wesen.”
Ein weiteres Beispiel für die Gefahr der Gleichgültigkeit finden wir in Offenbarung 3,15–16, wo die Gemeinde von Laodizea für ihre Lauheit getadelt wird. Gott spricht diese Worte mit einer erschreckenden Deutlichkeit: „Weil du aber lau bist … werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“ Diese Lauheit, die sich in Gleichgültigkeit und einem abgestumpften Herzen zeigt, ist Gott ein Gräuel. Es ist ein Zustand, in dem wir weder heiß noch kalt sind, weder brennend in der Liebe zu Gott noch völlig abgewandt, sondern irgendwo in einem gefährlichen Mittelmaß. Diese Haltung wird nicht nur kritisiert, sondern als untragbar bezeichnet. Gott erwartet von uns, dass wir unser Herz ganz ihm weihen, dass wir mitfühlend bleiben und nicht in einer Gleichgültigkeit verharren, die uns von seiner Liebe trennt.
Auch 1. Johannes 3,17 spricht eine klare Sprache: „Wenn aber jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt dann die Liebe Gottes in ihm?“ Hier wird deutlich, dass Gleichgültigkeit nicht nur ein Fehler ist, sondern der Liebe Gottes widerspricht. Ein verschlossenes Herz ist das Gegenteil von dem, was Gott von uns erwartet. Er ruft uns dazu auf, unsere Herzen offen zu halten, für die Not anderer empfänglich zu bleiben und aktiv Hilfe zu leisten, wo wir können.
Doch die Bibel bleibt nicht bei der Warnung vor Abstumpfung stehen. Sie zeigt uns auch einen Weg, wie wir mit dem Leid dieser Welt umgehen können, ohne in Gleichgültigkeit zu verfallen. Mitgefühl ist ein göttlicher Auftrag. Römer 12,15 fordert uns auf: „Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden.“ Dieser Vers lädt uns dazu ein, uns mit anderen zu verbinden, ihre Freude und ihr Leid zu teilen und so in der Liebe Gottes zu leben. Mitgefühl bedeutet, das Herz offen zu halten, auch wenn es schmerzt, die Lasten anderer mitzutragen und ihnen in ihrer Not beizustehen. Gleichgültigkeit tötet die Liebe – Mitgefühl ist Gottes Auftrag an uns.
Paulus geht in Galater 6,2 geht noch einen Schritt weiter: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Das Gesetz Christi ist die Liebe, und diese Liebe zeigt sich darin, dass wir nicht wegsehen, wenn andere leiden, sondern aktiv werden. Es bedeutet, einander zu helfen, praktische Unterstützung zu leisten und geistlich füreinander einzustehen. Auch Sacharja 7,9–10 erinnert uns daran, dass Gott von uns erwartet, Güte und Barmherzigkeit zu zeigen, insbesondere gegenüber den Schwachen und Bedürftigen. Witwen, Waisen, Fremdlinge und Arme sind in der Bibel immer wieder diejenigen, die Gottes besonderes Augenmerk haben, und wir sind berufen, ihnen mit Mitgefühl und Gerechtigkeit zu begegnen.
Doch wie gehen wir mit der Realität um, dass die Flut von Katastrophen und Leid uns oft überfordert? Ist Abstumpfen unter diesen Umständen eine Sünde? Die Bibel zeigt uns, dass es nicht die Tatsache an sich ist, dass wir uns überfordert fühlen, sondern die bewusste Entscheidung zur Gleichgültigkeit, die zur Sünde wird. Wenn wir angesichts von Leid unser Herz verschließen und uns weigern, Mitgefühl zu zeigen oder zu handeln, widerspricht das der Liebe Gottes, die in uns wirken möchte. Doch Gott versteht auch unsere menschlichen Grenzen. Er ruft uns nicht dazu auf, die gesamte Last der Welt auf uns zu nehmen, sondern treu in dem zu sein, was wir tun können. Es geht nicht darum, alles zu lösen, sondern darum, dort, wo wir sind, Licht und Hoffnung zu bringen.
Aber wir dürfen uns nicht in Bequemlichkeit zurückziehen oder Gleichgültigkeit rechtfertigen. Wer das Leid ignoriert, verfehlt den Auftrag, Salz und Licht zu sein. Gott ruft uns, wach zu bleiben, unser Herz nicht zu verhärten und uns nicht vom Strom des Zeitgeistes treiben zu lassen, der das Elend der Welt verdrängt.
Denn die Bibel erinnert uns: „Weh denen, die sorglos sind in Zion“ (Amos 6,1) und „Wer weiß Gutes zu tun und tut es nicht, dem ist es Sünde“ (Jakobus 4,17). Darum gilt: Auch wenn wir nicht alles tragen können, sind wir doch verantwortlich, das uns Mögliche zu tun – mit offenen Augen, mit einem wachen Herzen und mit der Liebe Christi, die uns geschenkt ist. Schon ein Gebet kann geistlich helfen, denn es verbindet uns mit Gottes Kraft, öffnet unser Herz für sein Mitgefühl und trägt die Lasten, die wir selbst nicht tragen können, vor seinen Thron. In der Fürbitte werden wir zu Werkzeugen seiner Liebe, auch wenn unsere Möglichkeiten oft begrenzt sind.
“Gebet ist keine kleine Geste, sondern der Schlüssel, durch den Gott unsere Begrenzung in seine Liebe verwandelt.”
Die Bibel ermutigt uns, in solchen Zeiten auf Gott zu vertrauen und uns von ihm leiten zu lassen. 2. Korinther 1,3–4 erinnert uns daran, dass Gott der „Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes“ ist, der uns tröstet, „damit wir auch trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind.“ Dies zeigt, dass unser Mitgefühl und unsere Hilfe aus der Quelle von Gottes Trost und Liebe fließen sollen. Wenn wir uns von Gottes Geist beleben lassen, können wir Kraft finden, auch inmitten von Überforderung und Schmerz mitfühlend zu bleiben.
Abstumpfung kann ein Warnsignal sein, dass wir uns geistlich neu ausrichten müssen. Wenn wir merken, dass unser Herz hart wird oder wir gleichgültig werden, ist es Zeit, vor Gott zu kommen und ihn zu bitten, uns ein neues, mitfühlendes Herz zu schenken. Hesekiel 36,26 verheißt: „Ich will euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euch legen; ich will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.“ Diese Verheißung zeigt, dass Gott allein in der Lage ist, unsere Herzen zu verändern und uns die Fähigkeit zu geben, in seiner Liebe zu bleiben. Abstumpfung ist ein Warnsignal – doch Gott allein vermag das steinerne Herz in ein lebendiges zu verwandeln.
Abstumpfung angesichts von Leid ist eine ernste Gefahr, der wir uns bewusst sein müssen. Doch die Bibel gibt uns klare Anweisungen, wie wir mit dieser Herausforderung umgehen können. Sie ruft uns dazu auf, Mitgefühl zu zeigen, einander zu helfen und uns von Gottes Geist leiten zu lassen. Sie erinnert uns daran, dass wir nicht allein sind und dass Gott uns befähigt, Licht und Hoffnung in einer leidenden Welt zu sein. Mögen wir unser Herz offen halten, uns von Gottes Liebe leiten lassen und treu in dem sein, wozu er uns berufen hat. Denn letztlich ist es seine Kraft, die in uns wirkt, und seine Liebe, die durch uns sichtbar werden soll. Amen.
Gebet
Herr, unser Gott, wir bekennen dir, dass Abstumpfung angesichts von Leid eine ernste Gefahr für unser Herz ist, doch du gibst uns in deinem Wort klare Anweisungen, wie wir mit dieser Herausforderung umgehen können. Lehre uns, Mitgefühl zu zeigen, einander zu helfen und uns von deinem Geist leiten zu lassen, erinnere uns daran, dass wir nicht allein sind, sondern dass du uns befähigst, Licht und Hoffnung in einer leidenden Welt zu sein. Halte unser Herz offen für deine Liebe und stärke uns, treu in dem zu leben, wozu du uns berufen hast, denn letztlich ist es deine Kraft, die in uns wirkt, und deine Liebe, die durch uns sichtbar werden soll. Darum bitten wir dich: Erneuere uns, erfülle uns mit deinem Geist und mache uns zu Zeugen deiner Hoffnung in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.