Bibelstimme

Gott kennt uns, erkennen wir Ihn auch?

Gott kennt uns, erkennen wir Ihn auch?

Jesaja 1,2–3

“Höret, ihr Him­mel, und Erde, nimm zu Ohren, denn der HERR redet: Ich habe Kin­der groß­ge­zo­gen und hoch­ge­bracht, und sie sind von mir abge­fal­len! Ein Och­se kennt sei­nen Herrn und ein Esel die Krip­pe sei­nes Herrn; aber Isra­el kennt’s nicht, und mein Volk versteht’s nicht.”

Die Ver­se Jesa­ja 1,2–3 sind eine ein­dring­li­che und zugleich herz­be­we­gen­de Anspra­che Got­tes an sein Volk Isra­el, in der er sei­ne tie­fe Ent­täu­schung über deren Abwen­dung von ihm offen­bart. Schon im Alten Tes­ta­ment wird hier der Ton einer väter­li­chen Zurecht­wei­sung ange­schla­gen, die den Grund­stein für eine tie­fe­re Erkennt­nis über Got­tes Bezie­hung zu sei­nem Volk legt. Es geht um Treue und Erkennt­nis, um Gehor­sam und Got­tes­ver­ständ­nis, The­men, die auch für unser heu­ti­ges Glau­bens­le­ben eine gro­ße Bedeu­tung haben.

Gott beginnt sei­ne Rede mit der Auf­for­de­rung, dass Him­mel und Erde zuhö­ren sol­len, als Zeu­gen sei­nes Wor­tes und Urteils. Die­se gro­ße Ein­la­dung zeigt, wie ernst und gewich­tig das Gesag­te ist. Es ist nicht nur eine pri­va­te Ange­le­gen­heit zwi­schen Gott und Isra­el, son­dern ein Anlie­gen, das alle Schöp­fung betrifft. Gott stellt fest, dass er sei­ne Kin­der groß­ge­zo­gen und hoch­ge­bracht hat. Einer­seits klingt hier­in Für­sor­ge und Lie­be mit, denn das Bild eines Zieh­va­ters oder einer Mut­ter, die Kin­der auf­zie­hen, weckt Erwar­tun­gen von Sicher­heit, Füh­rung und Zunei­gung. Ande­rer­seits folgt dar­auf die erns­te Kla­ge, dass die­se Kin­der von ihrem Eltern­teil abge­fal­len sind. Die ent­ste­hen­de Span­nung zwi­schen elter­li­cher Lie­be und kind­li­cher Ableh­nung ist ein zen­tra­les The­ma, das sich durch die gesam­te Hei­li­ge Schrift zieht. Gott zeigt sich als treu und für­sorg­lich, die Men­schen hin­ge­gen als untreu und wider­spens­tig.

“Gott bleibt treu, auch wenn wir es nicht sind – doch sei­ne Für­sor­ge ruft uns zur Umkehr.”

Das Bild vom Och­sen und Esel, die ihren Herrn ken­nen und die Krip­pe aner­ken­nen, ist beson­ders anschau­lich. Tie­re wis­sen instink­tiv, woher ihre Ver­sor­gung kommt. Sie erken­nen ihren Herr­scher und gehor­chen ihm ohne Umwe­ge oder Hin­ter­fra­gen. Es ist eine natür­li­che, ein­ge­präg­te Bezie­hung, die von einer tie­fen Zuge­hö­rig­keit und Aner­ken­nung geprägt ist. Gera­de die­ses Bild macht das Ver­sa­gen Isra­els umso deut­li­cher: Isra­el als Got­tes aus­er­wähl­tes Volk, als die­je­ni­gen, die sei­ne Geset­ze und Zei­chen ken­nen soll­ten, erken­nen ihn nicht. Obwohl sie in einem direk­ten und per­sön­li­chen Bund mit Gott ste­hen, feh­len ihnen Ver­ständ­nis und Erken­nen. Sie wen­den sich ab oder sehen über Got­tes Füh­rung hin­weg. Es ist eine erns­te Mah­nung an alle, die hören wol­len:

“Erkennt­nis ohne Gehor­sam bleibt leer, und ein har­tes Herz ver­fehlt den Weg des Lebens.”

Für uns heu­te hat die­ser Bibel­ab­schnitt eine sehr ein­dring­li­che und ehr­li­che Bot­schaft. Oft sind wir ver­sucht, zu hof­fen, dass Got­tes Nähe und Für­sor­ge allein aus­reicht, um eine ech­te Bezie­hung zu ihm zu begrün­den. Doch die Bibel zeigt uns klar, dass eine Bezie­hung zu Gott weit mehr erfor­dert als nur Wis­sen oder kirch­li­cher Tra­di­ti­on. Es geht um ein Her­zens­ver­hält­nis, das sich nicht im Wort erschöpft, son­dern im Gehor­sam gegen­über Got­tes Wahr­heit bewährt. Wie der Och­se und der Esel müs­sen auch wir unser Herz aus­rich­ten und erken­nen, dass Gott unser Herr ist, der uns mit allem ver­sorgt, was wir zum Leben brau­chen. Die Her­aus­for­de­rung besteht dar­in, nicht nur äußer­lich sei­ne Gebo­te zu ken­nen, son­dern inner­lich die Bezie­hung zu ihm leben­dig zu hal­ten – eine Bezie­hung, die sich im Ver­trau­en, im Hören auf sein Wort und im geleb­ten Gehor­sam ent­fal­tet.

Die­ser Text for­dert uns her­aus, unser eige­nes geist­li­ches Leben zu prü­fen. Ken­nen wir Gott wirk­lich oder fol­gen wir einer Reli­gi­on, die sich auf Tra­di­tio­nen und lee­re Ritua­le stützt? Erken­nen wir die Stim­me unse­res Herrn in unse­rem All­tag oder sind wir blind gewor­den für sein Wir­ken?

Die Gefahr besteht dar­in, inner­lich abge­stumpft zu sein, das Herz zu ver­här­ten und dabei – oft unbe­merkt – vom Weg Got­tes abzu­kom­men. Viel zu vie­le Chris­ten ver­har­ren in einer geist­li­chen Rou­ti­ne: Sie pos­ten und zitie­ren täg­lich Bibel­ver­se in den sozia­len Medi­en, doch ohne inne­zu­hal­ten und zu fra­gen, was die­se Wor­te für ihr eige­nes Leben bedeu­ten. Wie oft beten wir mecha­nisch, bit­ten um ein leben­di­ges Feu­er – und mer­ken nicht, dass wir längst nur noch die Form wah­ren, wäh­rend das Herz schweigt. Doch Gott sucht kei­ne äuße­ren Ges­ten, son­dern ein auf­rich­ti­ges Herz. Er ruft uns zur Umkehr, zur Wach­sam­keit, zur leben­di­gen Bezie­hung mit ihm. Es genügt nicht, die rich­ti­gen Wor­te zu ken­nen – wir sind ein­ge­la­den, sie zu leben. Wer das Feu­er des Geis­tes wirk­lich sucht, muss bereit sein, sich prü­fen zu las­sen, sich rufen zu las­sen, sich ver­än­dern zu las­sen. Denn nur ein waches Herz erkennt, wenn es vom Weg abkommt – und kehrt zurück in die Arme des­sen, der treu bleibt, auch wenn wir es nicht sind. So wie Isra­el, das trotz der kla­ren Zei­chen Got­tes nicht erken­nen woll­te, was Gott von ihnen ver­langt, kön­nen auch wir in Ver­su­chung gera­ten, den Herrn aus den Augen zu ver­lie­ren.

Dabei ist die Bot­schaft nicht nur eine trau­ri­ge Ankla­ge. Sie beinhal­tet zugleich die Hoff­nung auf Umkehr und Erneue­rung. Gott spricht als lie­ben­der Vater, der sei­ne Kin­der nicht auf­ge­ben will. Die Tat­sa­che, dass er sei­ne Gedan­ken und Gefüh­le offen­legt, zeigt, dass er sich nichts sehn­li­cher wünscht als die Rück­kehr sei­ner Kin­der. Die Erkennt­nis, dass wir in Got­tes Augen abge­wi­chen sind, ist der ers­te Schritt zur Umkehr. Nur wer sich selbst ehr­lich prüft und erkennt, dass er Got­tes Nähe braucht, kann wie­der in die rich­ti­ge Bezie­hung mit ihm tre­ten. Wer erkennt, dass er von Got­tes Weg abge­wi­chen ist, hat den ers­ten Schritt zur Umkehr getan – denn Got­tes Herz schlägt für die Rück­kehr, nicht für die Ver­ur­tei­lung.

Es ist also eine Her­aus­for­de­rung an unse­re Glau­bens­pra­xis, Got­tes Füh­rung in unse­rem Leben immer wie­der neu zu suchen, unser Herz zu öff­nen und uns nicht in der Träg­heit oder Blin­den die­ser Welt zu ver­lie­ren. Die Bot­schaft Jesa­jas ermu­tigt uns, Got­tes Stim­me wie­der bewusst zu hören und dem Herrn treu zu fol­gen, wie es die Tie­re instink­tiv tun, aber mit vol­lem Bewusst­sein und aus frei­em Wil­len. Denn Gott ist ein per­sön­li­cher Gott, der uns nicht nur ver­sorgt, son­dern auch liebt und es ver­dient, dass wir ihn erken­nen, ehren und ihm ver­trau­en.

In der heu­ti­gen Zeit ist die­ses bibli­sche Wort ein drin­gen­der Auf­ruf, unse­ren Glau­ben nicht als ange­bo­re­ne oder geerb­te Selbst­ver­ständ­lich­keit hin­zu­neh­men, son­dern ihn bewusst und leben­dig zu gestal­ten. Auch wenn wir als Kin­der in eine Kon­fes­si­on hin­ein­ge­tauft wer­den, bleibt es unse­re per­sön­li­che Ver­ant­wor­tung, mit wach­sen­der Rei­fe und zuneh­men­der Weis­heit eigen­stän­dig auf die Suche nach Gott zu gehen. Glau­be will nicht nur über­nom­men, son­dern durch­lebt und ver­tieft wer­den. Die Bibel ist dabei unse­re kost­bars­te und hei­ligs­te Grund­la­ge – denn sie ist nicht bloß ein reli­giö­ses Buch, son­dern das leben­di­ge Wort Got­tes, das uns begeg­nen will, uns lei­tet und ver­wan­delt. Wer sich ihr öff­net, öff­net sich dem Herz­schlag Got­tes. Und wer dar­in liest, lässt sich rufen, for­men und füh­ren – hin­ein in eine Bezie­hung, die trägt und heilt. Glau­be will nicht nur über­nom­men, son­dern durch­lebt und ver­tieft wer­den – denn erst in der per­sön­li­chen Begeg­nung mit Gott wird er leben­dig und trag­fä­hig.

Es for­dert uns auf, uns nicht mit reli­giö­ser Gleich­gül­tig­keit zu begnü­gen, son­dern wach zu blei­ben und unser Leben unter den Blick Got­tes zu stel­len, um nicht im geist­li­chen Zustand des Abfal­lens zu ver­har­ren. Die Geschich­te Isra­els wird so zum Spie­gel für uns, in dem wir unse­re eige­ne Lebens­hal­tung zu Gott reflek­tie­ren kön­nen.

Zusam­men­fas­send lässt sich sagen, dass Jesa­ja 1,2–3 ein kraft­vol­ler Aus­druck gött­li­cher Lie­be und gleich­zei­tig eine erns­te Mah­nung ist. Es zeigt die Klug­heit Got­tes in sei­nem Han­deln, der sein Volk nicht ein­fach nur rich­tet, son­dern mit über­zeu­gen­der Lie­be auf­ruft zur Umkehr. Für uns heu­te bleibt die wich­ti­ge Auf­ga­be, unser Leben in der Nach­fol­ge Jesu Chris­ti immer wie­der zu über­prü­fen, damit wir nicht wie Isra­el erken­nen und doch abfal­len, son­dern Got­tes Kin­der blei­ben, die ihn lie­ben, acht­ge­ben und ihm fol­gen. Möge uns die­ser Text dar­an erin­nern, dass wah­re Got­tes­er­kennt­nis ihre Frucht in einem leben­di­gen und ver­trau­ens­vol­len Gehor­sam trägt, der das Leben ver­än­dert und reich macht. Amen.

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